Dossier Handeln

Erfolgsfaktor Liquidität – Wie das Handelsvolumen deine Rendite beeinflusst

Monitoren an der Börse

Handeln kostet Geld. Das sehen Anlegerinnen und Anleger auf jeder Wertpapierabrechnung: Gebühren, Entgelte und Steuern sind klar ausgewiesen. Weniger sichtbar sind jedoch indirekte Transaktionskosten, die durch mangelnde Liquidität entstehen. Wenn jemand sagt: „Finger weg – die Aktie ist zu illiquide“, steckt dahinter eine wichtige Warnung. Aber was bedeutet das genau?

Was bedeutet Liquidität?

Liquidität beschreibt, wie einfach und schnell ein Wertpapier handelbar ist, ohne dass der Kurs dadurch stark beeinflusst wird.

Je liquider ein Markt, desto reibungsloser funktioniert der Preisbildungsprozess – vergleichbar mit Schmieröl, das die Marktmechanik geschmeidig hält.

Im Idealfall: Für jede Kauforder gibt es sofort ein passendes Verkaufsangebot – und umgekehrt. Die Preise bewegen sich dabei kaum.

Wenn Märkte „austrocknen“ – teures Handeln

In der Realität ist kein Markt vollkommen. Ein Mangel an Liquidität kann Anleger*innen auf zwei Arten Geld kosten:

  1. Kursverschiebungen: Auf einem illiquiden Markt kann bereits eine einzelne Order den Kurs bewegen – meist zu Ungunsten des Investors.
    Beispiel: Wie bei einem seltenen Auto, dessen Preis steigt, sobald klar ist, dass es nur wenige davon gibt.
     
  2. Verzögerte Ausführung: Gibt es kein passendes Gegenangebot, bleibt eine Order im Orderbuch stehen.
    Je länger das dauert, desto höher das Risiko, dass sich der Kurs verändert – etwa durch neue Nachrichten oder Markttrends.

Wer sofort verkaufen möchte, bekommt in einem illiquiden Markt oft nur einen Abschlag.
Händler, die das Risiko übernehmen, fordern einen Preisnachlass – ähnlich wie ein Autohändler, der beim Ankauf eine Marge einrechnet.

Die Handelsspanne – das „Preisschild“ der Liquidität

Am Aktienmarkt zeigt sich dieser Abschlag in der Handelsspanne (Spread) zwischen Geldkurs (Bid) und Briefkurs (Ask).
Der theoretische faire Preis liegt genau in der Mitte zwischen beiden.

Je enger der Spread, desto liquider das Wertpapier – und desto geringer die indirekten Transaktionskosten.

Was beeinflusst die Liquidität eines Wertpapiers?

Zwei Hauptfaktoren bestimmen, wie flüssig ein Markt ist:

  1. Anzahl der im Umlauf befindlichen Wertpapiere (Streubesitz).
  2. Anzahl der aktiven Marktteilnehmer, die bereit sind, zu kaufen oder zu verkaufen.

Je größer beide Werte, desto leichter lassen sich Aufträge ausführen – ohne große Kursschwankungen.

Beispiel: Wenn der Spread den Unterschied macht

Im Juli 2018 wollte eine Anlegerin Aktien der TAKKT AG (SDAX) im Spezialistenhandel kaufen:

  • Geldkurs: 9,80 Euro
  • Briefkurs: 9,89 Euro
  • Spread: 0,9 Prozent (9 Cent)

Der theoretische Marktwert liegt bei 9,845 Euro.
Für einen Round-Trip (Kauf und sofortiger Verkauf) hätte sie also 0,9 Prozent ihres Einsatzes verloren.

Zum Vergleich: Bei der Commerzbank-Aktie betrug der Spread nur 0,08 Prozent – also knapp 8 Euro statt 90 Euro Kosten bei einem Anlagebetrag von 10.000 Euro.

Je illiquider ein Wertpapier, desto höher die versteckten Gebühren – und desto stärker muss die Rendite sein, um diese auszugleichen.

So erkennst du die Liquidität einer Aktie

Einen guten Eindruck liefern folgende Kennzahlen, die auf den Datenblättern der Wertpapiere zu finden sind:

  • Spread (Abstand zwischen Geld- und Briefkurs)
  • Orderbuchvolumen (wie viele Stücke auf beiden Seiten liegen)
  • Handelsvolumen und Anzahl der Preisfeststellungen
  • Offenes Xetra-Orderbuch

Diese Werte geben Hinweise auf die Marktbreite – also, wie viele Aufträge zu einem bestimmten Preis existieren.

Marktbreite und Markttiefe

Neben der Breite ist auch die Markttiefe entscheidend. Sie zeigt, wie stark sich Preise verändern, wenn größere Volumina gehandelt werden.

Bei institutionellen Investoren mit sehr großen Orders kann die Nachfrage das verfügbare Volumen übersteigen. Dann wird die Order gegen mehrere Limits ausgeführt – der durchschnittliche Ausführungspreis verschlechtert sich schrittweise.

Xetra Liquiditätsmaß (XLM) – der objektive Messwert

Wie hoch die versteckten Kosten durch mangelnde Verfügbarkeit tatsächlich sind, misst das Xetra Liquiditätsmaß (XLM).

  • Das XLM wird seit 2002 für alle auf Xetra gehandelten Wertpapiere berechnet.
  • Es misst die durchschnittlichen Kosten eines Round-Trips (Kauf und Verkauf) bei verschiedenen Handelsvolumina.
  • Angegeben wird es in Basispunkten (100 Basispunkte = 1 Prozent).

Beispiel:
Im November 2014 führte Siemens die Liste der Most Liquids an. Ein Round-Trip hätte Anleger*innen nur 3 Basispunkte, also 0,03 Prozent ihres Einsatzes, gekostet.

Die jeweils aktuell liquidesten Werte („Xetra Most Liquid“) können täglich auf der Website der Deutschen Börse abgerufen werden.

Fazit

Liquidität ist ein entscheidender, aber oft unterschätzter Renditefaktor.
Ein liquider Markt ermöglicht faire Preise, schnelle Ausführung und niedrige Nebenkosten.
Je größer das Handelsvolumen, desto geringer die versteckten Transaktionskosten – und desto besser Ihre Nettorendite.

November 2025 – © Deutsche Börse AG